Ein Jahr zwischen Horror und Hoffnung: Der Schalke-Rückblick 2021

[vc_row][vc_column][us_image image=“4641″ size=“us_1600_900_crop“][vc_column_text css=“%7B%22default%22%3A%7B%22padding-top%22%3A%2210px%22%7D%7D“]Mit ihm ging Schalke ins Jahr 2021: Aber Trainer Christian Gross war Ende Februar schon wieder Geschichte bei den Königsblauen. Foto: Schalke 04[/vc_column_text][us_post_title tag=“h1″ css=“%7B%22default%22%3A%7B%22font-family%22%3A%22h1%22%2C%22margin-bottom%22%3A%220%22%2C%22padding-top%22%3A%221rem%22%7D%7D“][vc_column_text]

Der FC Schalke 04 ist viel Aufregung, Hochs und Tiefs, Triumphe und Tragödien gewöhnt – aber selbst für einen chronisch schnell pulsierenden Verein wie Schalke war das nun zu Ende gehende Jahr ein ganz besonders turbulentes. Der Schalker Jahresrückblick 2021:

Die Botschaft, die Schalkes Fans ihrer Mannschaft auf einem großen Transparent geschrieben mit auf den Weg zum letzten Heimspiel des Jahres gegen den 1. FC Nürnberg gaben, war ein Ausdruck tiefer Solidarität und größtmöglicher Treue: „Wir wussten, der Neuanfang wird hart und steinig sein – kämpfen wirst Du jedoch nie allein!“

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Die unglaubliche Reise des FC Schalke 04 Vom bitteren Abstieg bis zur meisterlichen Rückkehr in die Erste Liga – die Geschichte der Saison 2021/22

Gross war schnell Geschichte

Es war Anfang des Jahres, als Christian Gross ebenfalls für einen Neuanfang stehen sollte. Den Schweizer hatte Schalkes Sportvorstand Jochen Schneider in Erinnerung an gemeinsame Zeiten beim VfB Stuttgart als „Retter“ verpflichtet – Schalke zierte das Tabellenende, mit David Wagner, Manuel Baum und Interimstrainer Huub Stevens hatten bereits drei Fußball-Lehrer vergeblich versucht, einer nahezu komplett dilettierenden Mannschaft irgendein Leben einzuhauchen.

Nun also Christian Gross. Eine Million Euro, so die Gerüchteküche, hätte er für den Klassenerhalt mit Schalke kassiert. Und nun saß er da in den durch Corona erforderlichen digitalen Pressekonferenzen, machte aus Can Bozdogan den Spieler „Erdogan“ und aus Alessandro Schöpf „Massimo Schüpp“.

Auch Schneider musste Ende Februar gehen

Zwei Monate später, Ende Februar, war der bei Teilen der Mannschaft in Ungnade gefallene Gross nach zu wenigen Punkten und einer knackigen 1:5-Niederlage ausgerechnet beim VfB Stuttgart schon wieder Geschichte. Genau wie Jochen Schneider übrigens.

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Es wäre unfair, den Rückblick auf den Schalker Abstieg nur an Christian Gross und seinen auch intern aufgefallenen Namens-Verwechslungen festzumachen – zumal der Schweizer durch seinen einzigen Sieg mit Schalke, dem 4:0 gegen Hoffenheim am 9. Januar, immerhin die „Tasmanisierung“ Schalkes (die Einstellung des Uralt-Sieglos-Rekordes von Tasmania Berlin) verhinderte. Aber der Trainer, den Schneider aus dem Rentenstand geholt hatte, war im Prinzip das personifizierte Abbild für beinahe sämtliche Personalien, die Schalkes zwar sympathischer, aber in seinem Wirken komplett glückloser Sportchef auf den Weg brachte.

Ideen zündeten nicht

Dabei versprühten Schneiders Ideen auf den ersten Blick einen gewissen Charme. Beispiel Sturm: Als „Backup“ für den von Eintracht Frankfurt ausgeliehenen Goncalo Paciencia hatte Schneider den vertragslosen Sturm-Veteranen Vedad Ibisevic von Hertha BSC Berlin verpflichtet – für kleines Geld. Ausgerechnet, als er gebraucht wurde, weil Paciencia sich verletzt hatte, überwarf sich Ibisevic mit Manuel Baum und Co-Trainer Naldo, zog sich zurück nach Berlin und stand nicht mehr zur Verfügung.

Mit dem Schalke-Comeback des bis dahin bei Ajax Amsterdam unter Vertrag stehenden Klaas-Jan Huntelaar landete Schneider einen echten Transfer-Coup. Doch der „Hunter“ fiel sofort verletzt aus – als er eingreifen konnte, war Schalke im Prinzip schon abgestiegen.

Reichlich Prominenz für die Rettung verpflichtet

Huntelaar, Sead Kolasinac, Weltmeister Shkodran Mustafi – Schneider tischte reichlich Prominenz auf, um den immer wahrscheinlicher werdenden vierten Abstieg der Vereinsgeschichte noch irgendwie zu verhindern.

Doch abgesehen von ganz wenigen Zwischen-Hochs stümperte Schalke durch eine Erste Liga, die sich für die hochkarätig und entsprechend teuer ausgestattete Mannschaft, die keine war, längst als eine Nummer zu groß entpuppt hatte.

16 Punkte – ein indiskutabler, gespenstischer Wert

Sieben Punkte nach der Hinrunde und neun in der Rückrunde führten zu der Schlussbilanz von 16 Punkten – ein in jeder Hinsicht indiskutabler Wert. Der reinste Horror. Schalke verpasste der Vokabel Geisterspiele eine ganz eigene Dimension, eine gespenstische.

Erschwerend kam für Schalkes Fans noch dazu, dass die am Hinrunden-Ende punktgleich mit den Blau-Weißen am Tabellenende stehenden Mainzer ausgerechnet unter der Regie von Christian Heidel nach dessen Amtsübernahme zum Höhenflug ansetzten – Heidel gilt in der Schalker Vereinsfamilie noch heute als einer der Hauptverantwortlichen für den Schalker Untergang, ob nun berechtigt oder nicht.

Die Abstiegsnacht als tiefster Tiefpunkt

Als am Abend des 20. April 2021 nach einer 0:1-Niederlage in Bielefeld der Schalker Abstieg auch rechnerisch nicht mehr zu verhindern war, brachen alle Dämme – bei der Rückkehr zur Veltins-Arena wurden Schalkes Spieler von wütenden „Fans“ bedroht und attackiert, die Jagdszenen flimmerten bundesweit über die Bildschirme. Wenn es im Schalker Tiefpunkt-Jahr 2021 einen tiefsten Tiefpunkt gab, dann war der in dieser Nacht erreicht.

Auch Dimitrios Grammozis bekam einige Schrammen ab – ihn hatte der kommissarische Sportvorstand Peter Knäbel als Nachfolger von Gross verpflichtet, und zum Einstieg sah Grammozis beim deprimierenden 0:0 gegen Mainz 05 Anfang März eine Mannschaft, von der ungefähr die Hälfte der Spieler nach 60 Minuten von Krämpfen geschüttelt wurde. „Das sah nicht schön aus“, bilanzierte Grammozis konsterniert.

Der Name Rangnick elektrisierte den Verein

Schalke blieb im Ausnahmezustand. Im Frühjahr tauchte wie aus dem Nichts der Name Ralf Rangnick auf – er sollte, so die Pläne einer forschen „außerparlamentarischen“ Gruppierung, Schalke als starker Mann wieder auf die Sprünge helfen.

Die Intrigen und Ränkespiele, die sich im Zuge dieser Personalie entwickelten, erinnerten an finsterste Schalker Hinterzimmer-Politik der 70-er und 80-er Jahre. Rangnick sagte ab – die eine Hälfte Schalke atmete auf, die andere sah spätestens jetzt den nahenden Untergang gekommen.

Grammozis und die Abstiegs-Hypothek

Grammozis blieb also, und über allem stand die Frage: Hätte er den Abstieg nicht doch noch irgendwie verhindern oder zumindest für ein Signal des Aufbruchs sorgen können? Und kann er mit dieser Hypothek überhaupt die Mission Wiederaufstieg angehen?

Unterstützung bekam der unter Beobachtung stehende Trainer von prominenter Seite. Norbert Nigbur, Schalkes Jahrhundert-Torwart, der selbst mit Schalke ab- und wieder aufgestiegen war: „Die Abstiegstruppe war so kaputt, da hätte selbst ein Jürgen Klopp nicht mehr rausholen können.“

Im Sommer zum großen Schnitt gezwungen

Von der Abstiegstruppe ist kaum noch jemand da, Schalke war vor allem auch aus finanziellen Gründen zum großen Schnitt gezwungen. Sportvorstand Peter Knäbel, Finanzchefin Christina Rühl-Hamers und Sportdirektor Rouven Schröder (der langjährige Marketing-Vorstand Alexander Jobst hatte seinen Vertrag wegen einer durch Bedrohungen von „Fans“ überschrittenen „roten Linie“ vorzeitig aufgelöst) haben flankiert von einem neu besetzten Aufsichtsrat den Rotstift angesetzt, auf allen Ebenen.

Außerdem wurde der Notfall-Plan umgesetzt, die Esports-Lizenz für ca. 27 Millionen Euro zu verkaufen. Immerhin konnte so ein im Zuge der Lizenzerteilung drohender Sechs-Punkte-Abzug abgewendet werden.

Rouven Schröder: Die Hoffnung ist zurück

Die Mannschaft hat nach insgesamt 45 (!) Transferbewegungen ein komplett neues Gesicht bekommen und ging nach dem 4:1-Sieg gegen Nürnberg in Schlagdistanz zu den Aufstiegsrängen in die Rückrunde, die mit einem 1:1 beim HSV begann. Am Ende eines turbulenten Fußball-Jahres zog Schalkes Sportdirektor Rouven Schröder eine Mut machende Bilanz: „Die Hoffnung ist zurück.“

Bei Licht betrachtet war mehr auch nicht zu erwarten. Denn alle wussten: Der Neuanfang wird hart und steinig. Und die Reise ist noch lange nicht beendet.

Norbert Neubaum

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