Gelsenkirchen: Neues Labor soll eine Millionen Corona-Test pro Woche auswerten

Ex-Fußballprofi Olaf Thon (l.) testet den Gurgel-PCR-Test. Dr. Peter Wieloch, Geschäftsführer von Ingenium Labs, erklärt ihm, wie es geht. Foto: André Przybyl

Mit Masse, Geschwindigkeit und Genauigkeit will ein Corona-Testlabor punkten, das jetzt in Gelsenkirchen entsteht. Ab Juni sollen hier bis zu einer Million neuartiger Gurgel-PCR-Tests pro Woche ausgewertet werden, die auch 20 Virus-Mutationen nachweisen.

„Mit der Strategie, größtenteils auf Antigen-Schnelltests zu setzen, geht Deutschland den falschen Weg“, erklärt Labormediziner Dr. Wolfgang Kaminski. Zu ungenau sei das Verfahren, um eine zuverlässige Aussage darüber zu treffen, ob der Getestete das Corona-Virus in sich trage oder nicht. „Bis zu 30 bis 40 Prozent der Infizierten werden dabei nicht erkannt.“ Der Mediziner vergleicht die Testvariante mit dem Wurf einer Münze: Es sei ungewiss, ob Kopf oder Zahl herauskämen.

Bis zu 72 Stunden gültig

Anders sehe das bei den sogenannten PCR-Tests aus. „Diese sind weitaus genauer“, führt Kaminski weiter aus. Bis zu 72 Stunden gelten die Getesteten als nicht ansteckend – selbst, wenn sie sich in dieser Zeit mit dem Virus infizierten. „Der Antigen-Schnelltest ist gerade einmal sechs Stunden gültig.“

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Kaminski ist ärztlicher Leiter und Mitbegründer des Frankfurter Laborunternehmens Ingenium Labs. Dieses hat sich zusammengetan mit dem Gelsenkircherner Unternehmen H.i. Competence – eine Tochter der Stölting Service Group und spezialisiert auf die Entwicklung und den Vertrieb von Hygienetechnologien.

Neuartiger Gurgel-PCR-Test

Gemeinsam wollen beide Partner ein Labor an der Gelsenkirchener Marina errichten. Bis zu einer Millionen sogenannter PCR-Tests sollen hier pro Woche ausgewertet werden. Binnen 24 Stunden sollen die Getesteten ihr Ergebnis erhalten. „Diese hohe Schlagzahl ist möglich, weil wir auf einen hohen Grad an Digitalisierung setzen und Prozesse straffen sowie automatisieren“, erklärt Kaminski.

Anders als andere Labore will sich die Kooperation außerdem auf nur einen neuartigen PCR-Test beschränken, der in Deutschland und den USA entwickelt wurde. Der Gurgel-PCR-Test mache es unnötig, Proben aus Mund und Rachen mit einem Stäbchen zu nehmen. Vielmehr wird mit einer Kochsalzlösung gegurgelt, die dann mit einem Strohhalm in ein mitgeliefertes Fläschchen gegeben wird. Dann muss das Fläschchen in einem Testzentrum oder in einer Apotheke abgegeben werden. Das Ergebnis kommt dann binnen 24 Stunden per E-Mail – so der Plan.

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Testzentren an Baumärkten

Die Neuheit: „Der Test kann auch Zuhause durchgeführt werden und er weist in einem Arbeitsschritt 20 Virus-Mutationen nach“, sagt Dr. Wolfgang Kaminski, „von der britischen über die südafrikanische bis hin zu südamerikanischen.“ Bisher bräuchten Labore für den Nachweis bis zu zwei Wochen.

Um die Ziele zu erreichen, wollen die beteiligten Unternehmen neben dem Labor auch eine Test-Infrastruktur im gesamten deutschsprachigen Raum aufbauen. „Wir stehen bereits in Verhandlung mit Kommunen und großen Unternehmen“, berichtet Dominik Mosbacher, Geschäftsführer von H.i. Competence. „Schon jetzt kann ich sagen, dass an jedem Toom- und Hornbach-Baumarkt sowie an jedem Stölting-Standort in Deutschland ein Testzentrum zu finden sein wird.“ Die Gurgel-PCR-Tests sollen in Apotheken, Drogeriemärkten und in den Testzentren erhältlich sein. Der Preis: „Zwischen 30 und 80 Euro“, erklärt Mosbacher.

Wichtiger Baustein in der Pandemie

„PCR-Tests sind ein wichtiger Baustein in der Bekämpfung der Pandemie“, sagt Virologe Dr. Michael Stürmer, Leiter des Ingenium Labs Virologie Labors. „Eine 100-prozentige Sicherheit bieten aber auch sie nicht.“ Laut dem Mediziner komme Deutschland an einem neuerlichen harten Lockdown nicht vorbei. „Aber in Regionen, in denen die Inzidenz niedrig ist, können wir dank der neuen Tests Öffnungsstrategien erproben.“

Ex-Schalke-Profi Olaf Thon, der im Stölting-Beirat sitzt, erhofft sich von den Tests ein Stück Normalität. „Vielleicht können so wieder Zuschauer ins Stadion kommen“, erklärt Thon.

Virus hat negative Produktivität noch nicht erschöpft

Beide Unternehmen rechnen damit, dass ihr Labor noch lange eine Rolle spielen wird. „Die Annahme, dass durch das Impfen die Pandemie bis Ende dieses Jahres überwunden sein wird, ist illusorisch“, sagt Dr. Wolfgang Kaminski. „Wir haben es mit einem neuartigen Virus zu tun, der seine negative Produktivität im Hinblick auf Mutationen noch nicht erschöpft hat.“

André Przybyl