Gelsenkirchener Appell 2.0

Gelsenkirchener Appell 2.0

Ein breites Bündnis wendet sich 10 Jahre nach dem ersten Gelsenkirchener Appell gegen die angekündigte Kürzung der Eingliederungsmittel für die Jobcenter.
Gelsenkirchener Appell 2.0

Ein breites Bündnis von Unterstützenden wirbt für den Gelsenkirchener Appell zum Sozialen Arbeitsmarkt. Bildrechte: Stadt Gelsenkirchen – Gerd Kaemper

Es war der Gelsenkirchener Appell aus dem Jahre 2012, der die Diskussion um einen Sozialen Arbeitsmarkt bundesweit angestoßen hat und letztlich zum Erfolg geführt hat. Allein in Gelsenkirchen hat der Soziale Arbeitsmarkt seitdem immerhin rund 800 Menschen in Beschäftigung gebracht. Der Soziale Arbeitsmarkt ist für die betroffenen Personen nahezu alternativlos und gehört daher im Jobcenter Gelsenkirchen zu dem zentralen Instrument. So erwiesen sich trotz der Belastungen, die der Arbeitsmarkt in der Pandemiezeit erfahren hat, die geförderten Arbeitsverhältnisse als äußerst stabil. Doch die Gelsenkirchener Erfolgsgeschichte droht, in Gefahr zu geraten. Aus diesem Grund haben die Initiatoren des damaligen Gelsenkirchener Appells nun wieder die Initiative ergriffen und wenden sich im neuen „Gelsenkirchener Appell 2.0“ gegen ein befürchtetes Auslaufen des Sozialen Arbeitsmarktes.

Abschaffung durch die Hintertür

Die Unterzeichnenden des Appells begrüßen es zum einen ausdrücklich, dass die aktuelle Bundesregierung den Sozialen Arbeitsmarkt entfristet und mit dem Bürgergeld dauerhaft verankert.

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Mark Rosendahl, DGB-Regionsgeschäftsführer Emscher-Lippe, warnt allerdings vor einer sich aktuell abzeichnenden Entwicklung: „Als besonders kritisch stellt sich in diesem Kontext jedoch die angekündigte Kürzung der Eingliederungsmittel für die Jobcenter dar. Wurde das Budget zur Einführung des Sozialen Arbeitsmarktes in 2019 noch aufgestockt, ist die Entwicklung in den letzten Jahren gegenläufig. In der Konsequenz findet hier eine Abschaffung des Sozialen Arbeitsmarktes durch die Hintertür statt. Dagegen richtet sich unser neuer Gelsenkirchener Appell 2.0. Uns ist bewusst, dass extreme Herausforderungen den Haushalt belasten. Doch jede Arbeitskraft wird von den Unternehmen benötigt. Durch die Steuerabgaben und Sozialversicherungsbeiträge sowie die gestiegene Kaufkraft finanziert sich das Programm indirekt selbst. Für Gelsenkirchen und viele weitere Kommunen ist der Soziale Arbeitsmarkt eine große Hilfe, der auch sozialpolitisch wirkt. Viele Kinder wachsen jetzt mit Elternteilen auf, die ihren eigenen Lebensunterhalt bestreiten können. Die psychologische Wirkung lässt sich nicht messen, ist aber da.“

„Die Initiative für einen sozialen Arbeitsmarkt ging im Jahr 2012 von Gelsenkirchen aus“, erinnert sich Oberbürgermeisterin Karin Welge, die damals als Sozialdezernentin an der Entstehung des Appells beteiligt war. „Vertreter der Kirchen, der Wohlfahrtsverbände, Gewerkschaften und die demokratischen Fraktionen des Rates der Stadt hatten damals in einem breiten und überparteilichen Bündnis den Bund und das Land NRW aufgefordert, einen sozial ausgerichteten Arbeitsmarkt für dauerhaft nicht vermittelbare Arbeitslose zusammen mit den örtlichen Akteuren in Gelsenkirchen aufzubauen.“

Erfolgsgeschichte „Sozialer Arbeitsmarkt“

Schon damals waren sich die Beteiligten einig, dass auch ungewöhnliche Wege gegangen werden müssen, um die immer noch zu hohe Langzeitarbeitslosigkeit in der Stadt weiter zu reduzieren. „Mir ging es dabei insbesondere um diejenigen Menschen, die es auf dem freien Arbeitsmarkt ohne besondere Förderinstrumente schwer haben. Mit dem „Gelsenkirchener Appell“ und seiner Umsetzung konnten wir vielen Menschen wieder Hoffnung und Anerkennung geben. Der Appell und der daraus entwickelte soziale Arbeitsmarkt war eine Erfolgsgeschichte und er soll es weiterhin bleiben. Deshalb freue ich mich, dass in Gelsenkirchen, wie schon beim ersten Gelsenkirchener Appell ein breites Bündnis hinter diesem Aufruf steht und den Appell erneuert und erweitert.“

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Die Unterzeichnenden fordern daher die kontinuierliche und wirksame Weiterentwicklung des Sozialen Arbeitsmarktes. Dazu richten sie den dringlichen Appell an die Bundesregierung,

  • einen auskömmlichen und planbaren Eingliederungstitel für die künftigen Jahre zu schaffen, welcher sowohl die zukünftige Verstetigung als auch die erreichten Bestände finanziell abbildet,
  • eine Debatte über Anschlussperspektiven auch außerhalb des Ersten Arbeitsmarktes aufzunehmen und die entsprechenden Rahmenbedingungen zu schaffen,
  • und den Passiv-Aktiv-Transfer fortzusetzen bzw. ebenfalls zu entfristen und dabei dessen Finanzierungsbeitrag auszubauen.

Der Appell richtet sich an alle Verantwortlichen im Bund und im Land NRW, um Langzeitarbeitslosen eine würdevolle Chance auf gesellschaftliche Teilhabe zu bieten. „Es war, ist und bleibt richtig: Es ist besser, Arbeit und gesellschaftliche Teilhabe zu finanzieren als Arbeitslosigkeit. Vor diesem Hintergrund setzen wir uns für einen Sozialen Arbeitsmarkt und eine Diskussion über die Weiterentwicklung der öffentlich geförderten Beschäftigung ein“, so Anke Schürmann-Rupp, Geschäftsführerin des Jobcenters Gelsenkirchen abschließend.