Leichen pflastern ihren Weg: Krimi-Autorin im Porträt

Leichen pflastern ihren Weg: Krimi-Autorin im Porträt

Leichen pflastern ihren Weg: In Buer, Bochum oder Herne bringt Krimi-Autorin Margit Kruse ihre Opfer zur Strecke. Insgesamt 17 Bücher hat die Bueranerin bisher auf dem Kerbholz. Ein Porträt.
Leichen pflastern ihren Weg: In Buer, Bochum oder Herne bringt Krimi-Autorin Margit Kruse ihre Opfer zur Strecke. Insgesamt 17 Bücher hat die Bueranerin bisher auf dem Kerbholz. Ein Porträt.

Bei der Arbeit: Am liebsten schreibt Margit Kruse am heimischen Küchentisch. Foto: André Przybyl

Margit Kruse mordet schon seit Jahren – in Buer, Bochum oder Herne bis hinein ins Sauerland. Bei der Wahl ihrer Mordwerkzeuge ist sie variabel: „Jemanden zu erschlagen – mit einem Knüppel oder Kerzenständer – ist zurzeit mein Favorit“, sagt sie und lehnt sich entspannt in den Küchenstuhl zurück. „Schön ist auch Vergiften.“ Der Versicherungsvertreter, der sie  im Urlaub nervt, oder der Senior, der sie auf der Parkbank zuquatscht – wer sie ärgert, kommt auf ihre Schwarze Liste und wird früher oder später um die Ecke gebracht …

Margit Kruse ist Krimi-Autorin. Insgesamt 17 Bücher hat sie bisher auf dem Kerbholz. Ihr neuestes Werk „Karpfen, Kerzen, Kohleofen“ vereint 24 Weihnachtskrimis aus dem Ruhrpott und ist Mitte September erschienen.

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Hobby zum Beruf gemacht

Bis 2003 arbeitet sie bei einem großen Energiekonzern in der Finanzbuchhaltung. „Eine Kollegin hat mir die Arbeit derart vermiest, dass ich nicht mehr weitermachen wollte“, erzählt Margit Kruse. Sie spielt mit dem Gedanken zu kündigen und ihr Hobby, Geschichten zu schreiben, zum Beruf zu machen. „Dann mach das doch“, bestärkt ihr Mann sie, „wenn nicht jetzt, wann dann …“ Sie schmeißt den Job und gründet eine Ich-AG. Seitdem ist die Gelsenkirchenerin als freiberufliche Autorin tätig.

Von ihrer Leidenschaft leben kann Margit Kruse nicht. „Das geht nur, weil wir finanziell abgesichert sind und mich mein Mann unterstützt“, sagt sie. „Ich arbeite 44 Stunden in der Woche und verdiene 450 Euro im Monat.“ Wird eines ihrer Bücher im Buchhandel verkauft, verdient sie daran 72 Cent – „vor Steuern“. Bringt sie ihre Romane bei Lesungen unters Volk, ist die Gewinnmarge größer. „Nach den Corona-Jahren fangen die Lesungen aber erst langsam wieder an.“ Um als Schriftsteller von seinen Büchern zu  leben, „musst du schon einen Harry Potter schreiben“.

Kruse: „Margarete hat jede Menge von mir“

Margit Kruses Alter Ego ist Margareta Sommerfeld. Die Verkäuferin für Damenoberbekleidung und Hobby-Detektivin klärt seit 2011 in mittlerweile acht Bänden Morde auf. „Margarete hat jede Menge von mir“, berichtet sie „Sie wohnt in dem Wohnturm in Erle, in dem ich früher selbst gewohnt habe.“ Ihren Urlaub verbringt die passionierte Ermittlerin im Sauerland, wo auch Margit Kruse ihre Ferien verbringt. Doch trotz aller Parallelen gibt es auch Unterschiede: „Sie ist mutiger als ich – schließlich hat sie nichts zu verlieren.“

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Die Ideen für ihre Bücher kommen Margit Kruse im Alltag: „Sie glauben gar nicht, was man beim Arzt im Wartezimmer oder im Café so aufschnappt …“ Inspiration sammelt sie auch auf dem Hauptfriedhof in Buer, einem ihrer Lieblingsschauplätze ihrer Bücher. Hier macht sie bei den regelmäßigen Runden mit ihrem Hund seinerzeit eine Entdeckung: „Der Friedhof ist eine Partnerbörse.“

„Partnerbörse“ auf dem Friedhof

Eine Parkbank ist das Dreh- und Angelkreuz. „Wer sich dort mitsamt einer Gießkanne hinsetzt, sucht einen Partner – je nachdem, wie man die Kanne hält“, berichtet sie. „Alle kannten den Code, nur ich nicht.“ Sie probiert es selber aus. „Nach kurzer Zeit hat sich ein alter Opa zu mir gesetzt und ein Gespräch angefangen …“ Ihre Erkenntnisse verewigt sie in ihrem Roman „Das Glück wartet zwischen den Toten“.

Die Schauplätze ihrer Morde kennt Margit Kruse persönlich oder sie recherchiert vor Ort. „Ich werde zumeist sehr freundlich empfangen“, berichtet sie. „Bei der Polizei in Buer habe ich drei Tage hospitiert – mit einer sehr netten Polizistin telefoniere ich noch heute, wenn ich eine Frage habe.“ Einblick gewährt ihr auch eine Schnapsbrennerei. „Ich musste schließlich überprüfen, ob in den Maischebehälter eine Leiche passt – da sind meine Leser sehr genau.“ 

Schreiben wie eine Therapie

Bevor ein realer Ort zum fiktiven Tatort wird, rufen Margit Kruse oder das Lektorat des Verlags dort an – schließlich möchte nicht jedes Hotel zum Schauplatz eines Verbrechens werden. Ihre Geschichten würzt sie gerne mit einer Portion Humor. „Blutrünstig ist nicht meine Sache.“ Für sie ist das Schreiben wie eine Therapie. „Ich schreibe mir den Frust von der Seele.“ Wer Margit Kruse querkommt, wer sie ärgert, landet auf ihrer Schwarzen Liste – und wird früher oder später in ihren Krimis „entsorgt“.

„Im Urlaub habe ich einmal einen Versicherungsvertreter kennengelernt“, erinnert sie sich. „Das war so ein lästiger Vogel, näh.“ Die Begegnung überlebt er nicht. „Im Hotel Jammertal ist er aus dem Fenster geflogen – aus dem vierten Stock.“

André Przybyl