Musiktheater: Merten Schroedter haucht toten Dingen Leben ein
Musiktheater: Merten Schroedter haucht toten Dingen Leben ein
Am Musiktheater im Revier in Gelsenkirchen haucht Merten Schroedter toten Dingen Leben ein. Das steckt dahinter.
Merten Schroedter wird 1976 in Zittau geboren. 2004 absolviert er sein Schauspielstudium an der Hochschule für Schauspielkunst „Ernst Busch“ in Berlin und geht danach ans Stadttheater Konstanz. 2006 wechselt er ans Saarländische Staatstheater. Ab 2010 arbeitet er als freier Schauspieler. Er spielt Theater, ist als Synchronsprecher tätig und ab und an im Fernsehen zu sehen.
Während dieser Zeit lernt er das Puppentheater kennen. „Mit Regisseurin Astrid Griesbach habe ich Schillers ‚Die Räuber‘ als Puppentheater gemacht“, erinnert er sich. „Das hat mir sehr viel Freude bereitet.“ Griesbach ist in der Sparte renommiert und hat am Musiktheater im Revier (MiR) schon Stücke wie „The Black Rider“ inszeniert. Durch sie gelangt Merten Schroedter zum Gelsenkirchener Opernhaus wo er seit der Spielzeit 2020/21 festes Ensemblemitglied ist.
Arbeit am MiR „wie gemacht“ für Merten Schroedter
Für ihn der ideale Zeitpunkt für eine Festanstellung. „Ich war gerade auf der Suche nach Möglichkeiten, mich zu verändern“, erinnert er sich, „hatte zum Beispiel angefangen zu zeichnen und zu malen“. Dann kommt die Einladung zum Vorstellungsgespräch in Gelsenkirchen. „Hier kann ich auf dem Schauspiel aufbauen und gleichzeitig etwas Neues machen.“ Das ist „wie gemacht“ für ihn. Am MiR schauspielert und singt er auch.
„Es gibt unheimlich viele Arten von Puppen.“ Manche spielt man alleine, die meisten mit mehreren. Manche sind gelenkig, andere wiederum können nur mit dem Kopf wackeln. „Auch gelernte Puppenspieler müssen bei jeder Puppe ein bisschen bei Null anfangen“, sagt er. „Es gilt zunächst herauszufinden, was die Puppe kann und wie sie wirkt.“ Es brauche eine szenische und figürliche Fantasie, um sie auf der Bühne zu inszenieren. „Wenn dieses Talent vorhanden ist, kann der Weg vom Schauspieler zum Puppenspieler kurz sein“, erklärt Merten Schroedter.
Auf der Bühne muss er sich zurücknehmen
Jede Puppe ist auch ein gutes Stück Merten Schroedter. „Zunächst ist da nur ein totes Ding“, sagt er. „Ich entscheide, ob sie zum Beispiel mit hoher oder tiefer Stimme spricht.“ Auf der Bühne muss er sich zurücknehmen. „Meine ganze schauspielerische Erfahrung und Expertise gebe ich in das Puppenspiel.“ Der Schauspieler Merten Schroedter tritt dabei in den Hintergrund – mit Einschränkungen. „Der Trend geht derzeit dahin, dass Puppe und Schauspieler auf der Bühne miteinander interagieren.“ Das liegt ihm. „Es ist gewollt, dass der Spieler eine Präsenz auf der Bühne hat und sich nicht komplett hinter der Puppe versteckt.“
Im Unterschied zum Schauspiel ist im Puppentheater mitunter weniger Raum für Improvisation. „Wir hatten bisher hauptsächlich Puppen, die zu zweit oder zu dritt gespielt werden“, berichtet er. „Da müssen wir uns sehr genau absprechen, was wir machen.“ Für ihn hat die Puppe eine hohe Glaubwürdigkeit. „Wenn sie geschlagen wird, kann das wirklich brutal sein – das kann ein besonders intensives Erlebnis sein“, sagt Merten Schroedter. „Und wenn sie tot ist, ist sie wirklich tot – das ist nicht gespielt.“
Frau Dahling mit Lockenwicklern und grauen Haaren
Seine Lieblingspuppe: Frau Dahling, eine alte Dame mit Lockenwicklern in den grauen Haaren. „Die habe ich im Stück ‚Rico, Oskar und die Tieferschatten‘ gespielt und mit einer tiefen Raucherstimme versehen“, erzählt er. „Einen Kritiker hat das an Katharina Thalbach erinnert.“ Zu dieser Figur bekommt er einen leichten Zugang und schließt sie ins Herz. Den Applaus am Ende der Aufführung erhält zumeist die Puppe. „Die Zuschauer würdigen durchaus meine Leistung, aber sie verfolgen vor allem die Puppe“, berichtet er. „Für mich ist das aber kein Problem, mal hinter die Puppe zurückzutreten.“
Seinen Vertrag am MiR hat er jüngst um ein weiteres Jahr verlängert. „Für mich ist gerade die Mischung aus Puppentheater, Schauspiel und Gesang momentan ideal“, sagt Merten Schroedter. „Was die Zukunft noch bringt, kann ich nicht sagen.“