OB-Stichwahl: Wer macht das Rennen?
OB-Stichwahl: Wer macht das Rennen?
Wer wird neues Stadtoberhaupt und tritt damit die Nachfolge des langjährigen Oberbürgermeisters Frank Baranowski an? Die Antwort auf diese Frage gibt es am 27. September
Denn beim ersten Wahlgang vor gut zwei Wochen vereinigte kein Kandidat die erforderliche absolute Mehrheit der Stimmen auf sich. An diesem Sonntag nun stellen sich deshalb Karin Welge (SPD) und Malte Stuckmann (CDU) in einer Stichwahl dem Votum der wahlberechtigten Bürger.
Nach dem ersten Wahlgang am 13. September gilt Karin Welge, die amtierende Kämmerin der Stadt, zwar als Favoritin auf den OB-Posten. Doch ausgemacht ist ihr Sieg damit nicht. Erwartungsgemäß kam Welge nicht an die Werte ihres Parteifreundes Frank Baranowski von 2014 heran (67,4 Prozent), der bekanntlich nach 16 Jahren im Amt nicht mehr antrat. Welge erreichte 40,4 Prozent der Stimmen und schnitt damit besser als ihre Partei ab (35,1 Prozent). Malte Stuckmann (CDU) kam auf 25,1 Prozent, was als Achtungserfolg für den Politik-Novizen gelten kann. Welge und Stuckmann gaben sich beide in ihren Statements ebenso kämpferisch wie optimistisch. Die letzte Stichwahl um den OB-Posten in Gelsenkirchen hatte 2004 Frank Baranowski (SPD) gegen Amtsinhaber Oliver Wittke (CDU) für sich entschieden – nach dem ersten Wahlgang lagen damals beide Kandidaten fast gleichauf, hatte Baranowski nur 1,2 Prozentpunkte hinter Wittke gelegen.
Die CDU unterstreicht ihren Optimismus nach Außen derweil mit einer ersten Personalentscheidung: Die zukünftigen Mandatsträgerinnen und Mandatsträger haben bereits ihren Fraktionsvorstand gewählt. Einstimmig votierten sie hierbei für Sascha Kurth als Fraktionsvorsitzenden und wählten Monika Kutzborski und Markus Karl zu seinen Stellvertretern. Als Fraktionsgeschäftsführer wurde Julian Pfeifers gewählt. Kurth wird Nachfolger von Wolfgang Heinberg, der den Posten sechseinhalb Jahre innehatte. Und Stuckmann? Der werde ja OB, erklärte Sascha Kurth. Die Rolle eines etwaigen Oppositionsführers im Rat der Stadt ist Stuckmann als nicht zugedacht.
Ob nun Stuckmann oder Welge: Für Gelsenkirchens neue(n) OB gelten andere Voraussetzungen und Machtverhältnisse als in den zurückliegenden Jahren: Die Gelsenkirchener SPD hat mit 35,1 Prozent der abgegebenen Stimmen ihr schlechtestes Ergebnis bei einer Kommunalwahl in der Geschichte der Bundesrepublik eingefahren. Zwar ist die SPD weiterhin stärkste Partei in der Stadt, hat im Vergleich zur letzten Kommunalwahl aber 15,1 Prozent verloren – ein Einbruch. Im Landesvergleich hat die SPD in ihrer einstigen unangefochtenen Hochburg Gelsenkirchen immerhin noch ihr fünftbestes Ergebnis nach Herne (44,1%), Bottrop (40,2%), Hamm (37,1 %) und Herford (35,4 %) erreicht.
Wenngleich SPD-Partei-Chef Markus Töns das schlechte Ergebnis seiner Partei mit dem Hinweis auf die allgemein schlechten Umfrage der Sozialdemokraten zu analysieren suchte: Die Verluste der SPD in Gelsenkirchen fallen mehr als doppelt so hoch aus wie im Landestrend. Damit lässt sich das Wahlergebnis deutlich auch als Urteil der Wähler über zurückliegenden zehn Jahre lesen, in denen die SPD – in zwei Wahlperioden – mit absoluter Mehrheit die Stadt reagierte.
Leicht zulegen konnte hingegen die CDU mit 23,2 Prozent. Bündnis ’90/Die Grünen scheiterten zwar mit 12,2 Prozent knapp an ihrem Ziel, drittstärkste Kraft in Gelsenkirchen zu werden, sind aber dennoch ein klarer Gewinner der Wahl. Sie haben ihre Stimmen in einer für sie historisch schwierigen Stadt mehr als verdoppelt und um sieben Stadtverordnete zugelegt. Auf Platz drei kam die AfD mit 12,9 Prozent. Allerdings ha- ben die Rechtspopulisten gegenüber den drei vorangegangen Wahlen zu Landtag (2017), Bundestag (2017) und Europaparlament (2019), bei denen sie Gelsenkirchen zu ihrer Hochburg im Westen machten, deutlich Stimmen verloren. Ihre höchsten Ergebnisse erzielte die AfD in Bismarck-West (18,8 Prozent), Erle-Süd (19,3) und Rotthausen-Ost (16,4). Im Stadtnorden erzielte die Partei zwar nur 10,8 Prozent. In Buer erreichte die Partei gleichwohl in einzelnen Stimmbezirken mit Ergebnissen von 26,1 (Im Brömm), 23,8 (Hans-Schwier-Berufskolleg), 22,4 (Am Freistuhl) und 21,4 Prozent (Allenteiner Straße) auch ihre mit am besten Werte.
Die Linke (3,5 Prozent) hatte leichte Verluste, die FDP konnte ihr Ergebnis im Vergleich zur letzten Kommunalwahl verdoppeln (4,0) insgesamt gehören dem Rat der Stadt Gelsenkirchen in der nächsten Wahlperiode zehn Parteien an. Aufgrund einer großen Zahl von Überhang- und Ausgleichsmandaten wird der neue Stadtrat zudem deutlich größer werden als bisher: 88 Stadtverordnete werden ihm künftig angehören. Daraus er- gibt sich folgende Sitzverteilung: SPD: 31 Sitze, CDU: 20, Grüne: 11, AfD: 11, Linke: 3, WIN: 3, FDP: 4, AUF: 1, Tierschutz-Partei: 2, Die Partei: 2 Sitze.
Die SPD ist also trotz herber Verluste weiterhin stärkste Partei, sie sieht ihren „Regierungsauftrag“ (Markus Töns). Der Ball liege nun bei den Sozialdemokraten – das machen Grüne, Linke und FDP deutlich. Die Gespräche mit allen „demokratischen Kräften“, die Markus Töns noch am Wahlabend ankündigte, gab es bislang noch nicht. Denn erst steht ja noch die OB- Entscheidung zwischen Karin Welge (SPD) und Malte Stuckmann (CDU) an diesem Sonntag ins Haus.
Boris Spernol
Info
Die Stichwahl zum neuen Oberbürgermeister von Gelsenkirchen wird am Sonntag, 27. September, stattfinden. Die Wahllokale sind dann – wie bei der Kommunalwahl auch – von 8 bis 18 Uhr geöffnet. Laut Stadtangaben ist damit zu rechnen, dass die Siegerin oder der Sieger etwa zwei Stunden nach Schließen der Wahllokale fest steht. Stimmberechtigt ist jeder Gelsenkirchener, der auch zur Kommunalwahl aufgerufen war. Die Wahlbenachrichtigungen zu Kommunalwahl am 13. September haben auch für die Stichwahl ihre Gültigkeit. Aber auch ohne Wahlbenachrichtigung ist eine Abstimmung möglich – einfach den Personalausweis vorzeigen.