Gelsenkirchen: Gesundheitsamt mit Corona-Lage überfordert
Gelsenkirchen: Gesundheitsamt mit Corona-Lage überfordert
Das Corona-Virus breitet sich weiter in Gelsenkirchen aus. Am Mittwoch, 21. Oktober, lag der Sieben-Tage-Inzidenzwert bei 113,2. Das Gesundheitsamt ist angesichts der Lage überfordert und will sein Personal jetzt aufstocken.
Gelsenkirchens scheidender Oberbürgermeister Frank Baranowski zeigt sich besorgt: „Ohne Mithilfe der Bevölkerung können wir eine solche Herausforderung nicht bewältigen.“ Schließlich könne der Staat nicht alles überwachen. „Und bis ins private Wohnzimmer können und wollen wir nicht hineinschauen.“
Ansteckungen im privaten Rahmen
Doch genau dort ereignet sich ein Großteil der Neuinfektionen: „Es gibt nicht das eine Ereignis, bei dem sich viele Menschen anstecken“, erklärt Baranowski. Vielmehr sei die Lage sehr diffus. Als Hauptursache für den sprunghaften Anstieg macht die Stadt Ansteckungen im privaten Rahmen aus. Ferner gab es einen Fall in einem Fleischverarbeitenden Betrieb, in dem 27 Infektionen zu vermelden waren. Das Gesundheitsamt hat die Mitarbeiter unter Quarantäne gestellt, der Betrieb musste bis auf weiteres schließen.
Überfordert mit der Lage ist das Gesundheitsamt. 70 Personen sind aktuell damit beschäftigt, Kontakte von Infizierten nachzuverfolgen, Quarantänen zu verhängen und diese zu kontrollieren. Doch ziehe ein Infektionsfall bis zu 50 Nachverfolgungen nach sich. „Bis zu einem Inzidenzwert von 50 hat die Kapazität des Gesundheitsamtes gerade noch ausreicht“, erklärt Gesundheitsdezernent Luidger Wolterhoff. „Wir liegen aber doppelt so hoch. In der derzeitigen Lage müssen wir ganz ehrlich sagen, dass unsere Kapazitäten überlastet sind.“ So gebe es immer wieder Menschen, die sich melden und sich beklagen würden, dass sie tagelang nicht angerufen würden. „Wir sind derzeit im Verzug, die Fälle abzuarbeiten“, gesteht Wolterhoff.
Gesundheitsamt will Kapazität verdoppeln
An alle Gelsenkirchener, die einen Corona-Test gemacht haben, richtet Wolterhoff den Appell: „Isolieren sie sich freiwillig und vermeiden Sie Kontakte, während sie auf das Testergebnis warten.“
Um der Lage Herr zu werden, will das Gesundheitsamt die Zahl der Personen, die sich mit Corona beschäftigen, in den kommenden Tagen verdoppelt – auf dann 140. Schon jetzt unterstützen Mitarbeiter aus anderen städtischen Abteilungen sowie zehn Bundeswehrsoldaten die Behörde. Ferner kann derzeit auf fünf Ärzte und drei Verwaltungskräfte zurückgegriffen werden, die freiwillig ihre Unterstützung angeboten haben. Sie wurden befristet eingestellt.
Nahezu alle Altersbereiche betroffen
Von der Pandemie betroffen seien derzeit Menschen in nahezu allen Altersbereichen. Etwa zwei Drittel der Infizierten sind zwischen 15 und 59 Jahren alt. Derzeit sind 24 Patienten mit Covid-19 in stationärer Behandlung. Vier Patienten befinden sich in Intensivbehandlung und ein Patient muss beatmet werden.
Um dem Aufwärtstrend entgegen zu wirken, weitet die Stadt die Maskenpflicht weiter aus: Ab Donnerstag, 22. Oktober, muss in öffentlichen Gebäuden der Stadtverwaltung eine Mund-Nasen-Schutz getragen werden.
Baranowski schließt erneuten Lockdown aus
Angesichts des bevorstehenden Schulstarts nach den Herbstferien sieht Schuldezernentin Anne Heselhaus die Schulen trotz des aktuellen Infektionsgeschehens gut gewappnet: So sei etwa sichergestellt worden, dass sich die Fenster in allen Klassenräumen zum Lüften öffnen lassen. Der Einsatz von Lüftergeräten und CO2-Messgeräten werde derzeit mit Probeläufen getestet und auch die geplante Ausstattung von Schülern und Lehrern mit Rechnern und I-Pads laufe nach Zeitplan. Alle Schulen wurden mittlerweile mit mindestens der Basisversion von IServ, der Gelsenkirchener Schulsoftware, ausgestattet, damit bei Bedarf ein Distanzunterricht stattfinden kann. Zudem kam am Mittwoch, 21. Oktober, die Weisung aus Düsseldorf, dass zum Schulstart in weiterführenden Schulen wieder eine Maskenpflicht gilt.
Einen erneuten Lockdown schließt Oberbürgermeister Frank Baranowski für Gelsenkirchen aus: „In einem Ballungsraum wie dem Ruhrgebiet, in dem eine Stadt in die andere übergeht, macht das wenig Sinn.“ Dafür sei eine Absprache unter allen Ruhrgebietsstädten nötig. Das würde vereinzelt auch geschehen, gestalte sich aber schwierig. Vielmehr appelliert auch er an die Bevölkerung: „Halten Sie Abstand, halten Sie sich an die Hygieneregeln und vor allem: Vermeiden Sie auch zuhause größere Treffen mit mehreren Personen.“