IHK: „Kleineren Betrieben geht die Luft aus“

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Dr. Fritz Jaeckel, Hauptgeschäftsführer der IHK Nord Westfalen. Foto: IHK Nord Westfalen

IHK: „Kleineren Betrieben geht die Luft aus“

Die dritte Corona-Welle setzt großen Teilen der Wirtschaft in der Region zu. Laut IHK „geht kleineren Betrieben langsam die Luft aus“.

Auch wenn mit den sinkenden Inzidenzzahlen die Hoffnung auf eine Rückkehr zur Normalität wächst: „Der zweite Lockdown hat die Erholung ausgebremst“, resümiert Dr. Fritz Jaeckel, Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer (IHK) Nord Westfalen. Das geht aus dem am Donnerstag veröffentlichten IHK-Konjunkturbericht hervor.

Modehändler in Existenznot

Nach der Umfrage, die dem Bericht zugrunde liegt, ist der Ende 2020 spürbare Aufschwung in Nord-Westfalen in den ersten Monaten des Jahres so gut wie nicht vorangekommen. Der IHK-Konjunkturklimaindex, der die Geschäftslage und die Erwartungen zu einem Wert zusammenfasst, liegt im Frühjahr mit 114 Punkten auf dem Niveau vom Jahresbeginn (113).

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Während die großen, international agierenden Unternehmen von der anziehenden Weltkonjunktur profitieren, entwickeln sich die ersten Monate des Jahres für konsumorientierte Branchen zu einer Belastungsprobe. Gerade im Handel beurteilen viele Unternehmen ihre Lage als schlecht: Jeder vierte Betrieb zeigt sich unzufrieden. „Zu den Unternehmen, die in Existenznot sind, gehören sehr viele Modehändler. Bundesweit lag ihr Umsatzverlust im ersten Quartal bei 54 Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal“, nennt Jaeckel einen besonders hart betroffenen Wirtschaftszweig.

Durststrecke trotz staatlicher Hilfe nicht überstehen

Stillstand hat es aber auch in anderen, vom privaten Konsum abhängigen Bereichen gegeben. Das engt den finanziellen Spielraum vieler kleinerer Unternehmen ein. In der IHK-Umfrage berichtet jeder dritte Betrieb mit weniger als 20 Beschäftigten von Eigenkapitalrückgängen. Zum Jahreswechsel war es erst jeder vierte. Auch der Anteil der Betriebe mit Liquiditätsengpässen ist gestiegen – von elf auf 14 Prozent. „Die Gefahr wächst, dass Teile der Wirtschaft trotz staatlicher Hilfen die Durststrecke nicht überstehen“, erklärt Jaeckel.

Hoffnungsträger bleiben Industrie und Bauwirtschaft. Die Zahl der produzierenden Unternehmen im Münsterland und der Emscher-Lippe-Region, die ihre Geschäftslage positiv beurteilen, ist im Vergleich zur Umfrage zum Jahreswechsel weiter gestiegen. Ihre Aufträge sind im März um drei Prozent gegenüber dem Vormonat gestiegen. „Die Industrie zieht dabei auch unternehmensnahe Dienstleister mit“, berichtet Jaeckel. Wären da nicht Lieferengpässe, hohe Containerkosten sowie steigende Rohstoff- und Energiepreise, könnte es nach IHK-Einschätzung ein glänzendes zweites Quartal für viele Industrieunternehmen werden.

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Euphorie leicht gedämpft

Die wachsenden Konjunkturrisiken haben die Euphorie, mit der vor allem international agierende Unternehmen ins neue Jahr gestartet waren, leicht gedämpft. Nach 30 Prozent zu Jahresbeginn rechnen jetzt aber immer noch 20 Prozent mit besseren Auslandsgeschäften in den kommenden Monaten. „Der Außenhandel bleibt, getrieben durch die wachsende Nachfrage aus China und den USA, im Aufwärtstrend“, unterstrich Jaeckel. Das bestätigen auch offizielle Ausfuhrstatistiken: Im ersten Quartal exportierten deutsche Unternehmen insgesamt 2,4 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Das führte dazu, dass im März die Ausfuhren nur noch knapp ein Prozent unter dem Vorkrisenniveau (Februar 2020) lagen.

Dass sich die heimische Wirtschaft im Frühjahr mit Investitionsplänen zurückhält, ist für IHK-Hauptgeschäftsführer Jaeckel angesichts der Unsicherheiten durch Pandemie und Lockdown keine Überraschung. „Es zeichnet sich in unserer Frühjahrsumfrage immerhin eine leichte Belebung ab“, betont er.

17 Prozent müssen sich von Beschäftigten trennen

Die Beschäftigungspläne der Unternehmen in Nord-Westfalen deuten laut Jaeckel dagegen stärker auf Erholung und Aufschwung hin. Nur noch 17 Prozent der Betriebe geben an, sich von Beschäftigten trennen zu müssen. Im Frühjahr 2020 lag der Anteil noch bei 38 Prozent. Die Mehrheit der Betriebe will in den nächsten Monaten keine Stellen abbauen, 23 Prozent sogar zusätzliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einstellen. „Im Mittelstand wollen sogar 27 Prozent der Betriebe zusätzliche Arbeitsplätze schaffen“, erläutert Jaeckel. Er geht davon aus, dass der Fachkräftebedarf schon bald deutlich anziehen wird.