Oberbürgermeisterin Welge verurteilt Volksverhetzung
Oberbürgermeisterin Karin Welge verurteilt Volksverhetzung
Gelsenkirchens Oberbürgermeisterin Karin Welge hat antisemitischen Vorfälle am Mittwochabend in der Nähe der Synagoge in der Innenstadt verurteilt.
Gelsenkirchens Oberbürgermeisterin Karin Welge hat nach eigene Worte unmittelbar nach den antisemitischen Vorfällen am Mittwochabend in der Nähe der Synagoge in der Innenstadt Kontakt zur Vorsitzenden der Jüdischen Gemeinde in Gelsenkirchen, Judith Neuwald-Tasbach, aufgenommen. Sie haben deutlich gemacht, dass es in Gelsenkirchen nicht toleriert werde, wenn volksverhetzende Parolen gerufen werden. „Wir tolerieren bei uns weder Hass, Hetze, Gewalt noch Antisemitismus. Natürlich darf jeder seine Meinung äußern und bei Demonstrationen die Politik eines anderen Staates kritisieren und damit auch die israelische Politik“, sagte Welge.
Meinungsfreiheit sei ein wichtiges Gut in Deutschland. Sie rechtfertigte allerdings „keine Volksverhetzung und erst recht keine Gewalt gegen Menschen oder Gebäude“, so Karin Welge. „Für mich ist es unerträglich, wenn bei solchen Demonstrationen offen zur Verfolgung und sogar zur Vernichtung von Juden aufrufen. Welge dankte der Polizei „für ihr umsichtiges Vorgehen und den Schutz der Synagoge“. Sie erwarte aber auch, dass Polizei und Staatsanwaltschaft gegen diejenigen ermitteln, die die Grenzen der Meinungsfreiheit überschritten haben. „Judenfeindliche Hassparolen sind absolut unerträglich und durch nichts zu entschuldigen. Antisemitismus darf in Deutschland nie wieder eine Bühne bekommen.“ In Gelsenkirchen sei Platz für alle Religionen, alle Ethnien, alle Menschen – „außer für die, die andere herabwürdigen, bedrohen oder gar angreifen und ganz sicher nicht für Antisemiten“, so Welge
Gelsenkirchen: Polizei stoppt antisemitischen Marsch zur Synagoge
Am Mittwochabend, 12. Mai 2021, fand in Gelsenkirchen eine nicht angemeldete antiisraelische Demonstration statt. Gegen 17.40 Uhr setzten sich nach Polizeiangaben „die Teilnehmer spontan vom Bahnhofsvorplatz in Richtung Synagoge in Bewegung“. Hierbei wurden auch antiisraelische Rufe skandiert. In Höhe der Gildenstraße/Bahnhofstraße stoppten die zahlreichen Einsatzkräfte der Polizei die etwa 180 Personen.
Beobachtern zufolge wirkte die Lage am Mittwochabend „sehr bedrohlich und aggressiv“. Auch ein Polizeisprecher sprach dieser Redaktion gegenüber von einer „sehr aufgeheizten Stimmung“. Im Vorfeld hätten die der Polizei keine konkreten Hinweise für den Übergriff vorgelegen. Die Polizei setzte den Angaben zufolge auch Schlagstöcke ein, verletzt worden sei jedoch niemand, hieß es.
Polizei: Schutz der ersten Synagoge vorrangiges Ziel.
Auf einem Video, das unter anderem der Zentralrat der Juden auf Twitter verbreitet, ist zu sehen und zu hören, wie Demonstranten in Gegenwart von Polizeibeamten antisemitische Parolen skandieren. Das Video ist erkennbar in der Gelsenkirchener Gildenstraße entstanden. Die Polizei greift offenbar nicht ein, obwohl es sich dabei um eine Straftat handeln kann.
Am Donnerstag erklärte ein Polizeisprecher auf Anfrage, habe vor Ort Beweissicherungsmaßnahmen durchgeführt und „Strafanzeigen wegen Volksverhetzung, Landfriedensbruch, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und Beleidigung von Einsatzkräften“ gefertigt. Außerdem habe es Verstöße gegen die Coronas-Schutzverordnung gegeben
Polizeipräsidentin zeigt sich erschüttert
„Primäres Ziel der Einsatzkräfte war der Schutz der jüdischen Synagoge. Um den Schutz des Gotteshauses zu jedem Zeitpunkt sicherzustellen, wurde aufgrund der Lagebewertung zu diesem Zeitpunkt auf die Festnahme von Tatverdächtigen verzichtet“, sagte der Sprecher. Die Polizei sei zuversichtlich, Tatverdächtige zu ermitteln, um zeitnah Strafverfahren gegen die Aggressoren einzuleiten. Zugleich kündigte er eine Prüfung des Einsatzes daraufhin an, ob Fehler gemacht worden seien.
Polizeipräsidentin Britta Zur verurteilte in einer Stellungnahme „das unerträgliche Auftreten“ der Demonstranten aufs Schärfste und zeigte sich erschüttert. „Das Recht, zu demonstrieren, ist ein hohes Gut. Wer dieses Recht aber mit Füßen tritt, muss damit rechnen, dass wir konsequent handeln. Diese schrecklichen Bilder sind durch nichts zu entschuldigen“. Die Polizei Gelsenkirchen werde alles dafür tun, die „verantwortlichen Personen mit allen rechtsstaatlichen Mitteln zur Rechenschaft zu ziehen“.
Am Donnerstagabend meldete die Polizei bereits einen ersten Ermittlungserfolg. So sei ein 26-jährige Deutsch-Libanesen aus Gelsenkirchen als Tatverdächtiger identifiziert. „Der Staatsschutz hat eine Ermittlungskommission eingerichtet, um zügig weitere Details aufzuklären“, sagte ein Polizeisprecher..
Judenhass mitten in #Gelsenkirchen vor der #Synagoge. Zeiten, in denen Juden auf offener Straße beschimpft werden, sollten längst überwunden sein. Das ist purer #Antisemitismus, sonst nichts! pic.twitter.com/S98Puxl07N
— Zentralrat der Juden in Deutschland (@ZentralratJuden) May 12, 2021
Grüne verurteilen antisemitischen Übergriff
Die innenpolitische Sprecherin der Gründen im Deutschen Bundestag Irene Mihalic kritisierte die Ereignisse und forderten Konsequenzen. „Die antisemitischen Ausschreitungen sind unerträglich und wir müssen ihnen entschlossen entgegentreten. Hierzu bedarf es auch eines klaren Signals des Bundesinnenministers“, sagte die Gelsenkirchener MdB. „Wir werden ihn daher zur Lageeinschätzung und Schilderung seiner Pläne in den Innenausschuss einladen. Wir müssen alles dafür tun, dass Jüdinnen und Juden bei uns sicher sind und nicht in Angst leben müssen.“
Der Gelsenkirchener Kreisverband der Grünen verurteilte in einer Erklärung „diesen antisemitischen Übergriff auf das jüdische Leben in Gelsenkirchen“. Die jüdische Gemeinde und alle Jüdinnen und Juden seien „ein wichtiger Teil unserer Stadt. Solidarität und Unterstützung der gesamten Stadtgesellschaft sollten jetzt und immer eine Selbstverständlichkeit sein“, erklärte Tanja Honka, Kreisvorsitzende der Grünen Gelsenkirchen.
Töns: Stehe an Seite der jüdische Gemeinde
Es sei erschreckend, „wie türkische Nationalisten und andere Gruppen den Konflikt in Israel für ihre Zwecke missbrauchen. Eins muss dabei immer klar sein: Die einzige Seite, auf die man sich mit solchen antisemitischen Übergriffen stellt, ist die der Hamas. Einer Terrororganisation, die tagtäglich das Leben von Jüdinnen und Juden bedroht, während sie die eigene Bevölkerung in Gaza unterdrückt und als menschliches Schild missbraucht“, sagte Jan Dworatzek, Vorsitzender der Gelsenkirchener Grünen. „Solche Gruppen und ihr Gedankengut dürfen keinen Platz in unserer Stadt haben.“
Der Gelsenkirchen SPD-Chef und MdB Markus Töns schrieb auf Twitter: „Ich verurteile aufs schärfste diesen #Antisemitismus in meiner Heimatstadt! Wenige Tage nach dem #tagderbefreiung ist das ganz besonders abscheulich. Ich stehe an der Seite der jüdischen Gemeinde in GE“ Auch die Gelsenkirchener CDU zeigte sich entsetzt von den antisemitischen Ausschreitungen in unmittelbarer Nähe der Gelsenkirchener Synagoge. „Jüdisches Leben hat einen festen Platz in unserer Stadt. Wenn direkt vor der Synagoge solche Parolen gebrüllt werden, wie wir es den Videoaufnahmen der Demonstration von gestern entnehmen mussten, sind mehrere Grenzen überschritten“, erklärte der CDU-Kreisvorsitzende, Sascha Kurth.
„Solche Aufmärsche sind inakzeptabel, Antisemitismus und Hass sind keine Meinungsäußerung. Mit allen Demokraten stehen wir fest an der Seite der jüdischen Gemeinde in Gelsenkirchen – Bilder, bei denen jüdische Menschen Angst haben müssen, erinnern an düstere Jahre unserer Geschichte. Das darf, das wird sich nicht wiederholen“, so Kurth. Wer meine, den Nahost-Konflikt in die Gelsenkirchener Stadtgesellschaft und auf gänzlich Unbeteiligte transportieren zu wollen, habe „keinen Platz in unserer Gemeinschaft“. Die CDU-Kandidatin zur Bundestagswahl im September, Laura Rosen, sagte: „Solche Aufmärsche sollen verängstigen, sie zeigen Hass und machen leider auch deutlich, wie tief Antisemitismus in einigen Teilen der Gesellschaft sitzt.“
Buschmann: Demonstrationen sind zutiefst beschämend
„Die Anti-Israel-Demonstrationen in Gelsenkirchen und anderen deutschen Städten sind zutiefst beschämend“, erklärte am Donnerstagmittag der Gelsenkirchener FDP-Bundestagsabgeordnete Marco Buschmann. „Wer in Deutschland versucht Israel-Flaggen zu verbrennen und antisemitisches Gedankengut zu verbreiten, muss mit der ganzen Härte des Rechtsstaats belangt werden. Gerade angesichts der Eskalation im Nahen Osten müssen sich die jüdischen Gemeinden sicher sein können, dass Deutschland fest an ihrer Seite steht.“
International müsse Deutschland den Raketenterror der Hamas immer wieder auf das Deutlichste verurteilen. „In Deutschland selbst gilt es sicherzustellen, dass israelische und jüdische Einrichtungen wirksam geschützt werden. Dazu gehört auch, die wahrnehmbare Polizeipräsenz vor Ort zu verstärken“, sagte Buschmann, der parlamentarischer Geschäftsführer der FDP im Deutschen Bundestag ist.