Gelsenkirchener Weihnachtscircus: Schicksalsschlag trübt Vorfreude

Beim Circus Probst steht der Weihnachtscircus an. Doch ein tragischer Schicksalsschlag trübt die Vorfreude.

Hofft auf einen schönen Weihnachtscircus, dass der Circus überlebt und ihre Kinder sowie Enkelkinder gesund bleiben: Brigitte Probst. Foto: André Przybyl

Gelsenkirchener Weihnachtscircus: Schicksalsschlag trübt Vorfreude

Beim Circus Probst steht der Weihnachtscircus an. Doch ein tragischer Schicksalsschlag trübt die Vorfreude.

„Beruflich ist das vergangene Jahr gut gelaufen“, sagt Brigitte Probst. „Mit Konzerten und Aktionen für Kinder sowie Senioren sind wir finanziell gut über die Runden gekommen.“ Dann bricht ihre Stimme. Lange schaut sie aus dem Fenster ihres Wohnwagens. Ihre Augen werden glasig. Sie greift nach der Packung Taschentücher, die vor ihr auf dem Tisch liegt, und trocknet ihre Tränen. „Meine Tochter ist gestorben …“

Pandemie trifft Circus Probst mit voller Wucht

Die Pandemie trifft den Circus Probst mit voller Wucht. „Seit Pfingsten vergangenen Jahres gastieren wir nun in unserem Notquartier“, erzählt Brigitte Probst. Gemeinsam mit ihrem Mann leitet sie den Circus. An eine Tournee ist seitdem nicht zu denken. Seit rund eineinhalb Jahren steht das rot-gelb gestreifte Zelt am Revierpark Nienhausen – tief im Gelsenkirchener Süden.

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Statt Vorstellungen in der gesamten Republik zu geben, stellt der Circus sein Zelt für Konzerte zur Verfügung. Die Künstlerinnen und Künstler erhalten die Einnahmen aus dem Eintritt, die Familie Probst verdient an dem Verkauf von Speisen und Getränken. Und während der Schulferien schlüpfen Kinder in die Rolle von Artisten. „Dadurch haben wir viele nette Menschen kennengelernt und neue Freunde gefunden“, sagt Brigitte Probst. „Ohne Corona wäre das nicht passiert.“ So kann sie der Pandemie auch etwas Gutes abgewinnen.

Probst: „Das ist nicht unser Leben“

„So langsam habe ich mich an die Bequemlichkeiten gewöhnt.“ Brigitte Probst lehnt sich in ihrem Stuhl zurück und verschränkt die Hände vor der Brust. „Aber das ist nicht unser Leben.“ Gerne hätte sich die Familie in Gelsenkirchen niedergelassen. „Wir wollten ein Grundstück kaufen – die Finanzierung stand bereits“, erzählt sie. „Doch die Stadt hat uns keine Genehmigung erteilt.“ In ein Gewerbegebiet könne der Circus nicht ziehen, weil er kein Gewerbe sei. „In ein Wohngebiet dürfen wir nicht, weil wir Tiere halten“, führt Brigitte Probst weiter aus. „Ja, wo sollen wir denn hin?“ Nun zieht es die Probsts zum Niederrhein. „Dort haben wir gute Chancen, bald ein Grundstück zu bekommen.“

Dabei habe sie gerne ihre Steuern in Gelsenkirchen gezahlt. „Außerdem bringen wir Kaufkraft in die Stadt“, erklärt sie. „Wenn der Weihnachtscircus ansteht, leben hier rund 100 Leute, die sich in der Umgebung verpflegen und mit Dingen des täglichen Bedarfs eindecken.“ Und nicht nur das: „Das Reisebüro, das für uns alle Flüge gebucht hat, ist während der Pandemie insolvent gegangen.“ Nun organisiert ein Reisebüro aus Buer die Anreise der Künstlerinnen und Künstler aus der Mongolei oder Kolumbien. „Davon wird sich vieles ändern, wenn wir hier unsere Zelte abbrechen.“ 

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Weihnachtscircus findet zum 24. Mal statt

Der Weihnachtscircus soll allerdings weiterhin in Gelsenkirchen stattfinden. „Der hat Tradition, steht nun zum 24. Mal an.“ Im vergangenen Jahr fällt die Veranstaltung der Pandemie zum Opfer. „Wir haben den Circus verschoben und verschoben – doch als der Lockdown zu Ostern nochmal verlängert wurde, haben wir das Vorhaben aufgegeben.“

Nun jedoch laufen die Vorbereitungen auf Hochtouren. In dem Wohnwagen, der als Büro dient, stapeln sich die Papiere. Ratternd wirft der Drucker eine Eintrittskarte nach der anderen heraus. Plötzlich galoppiert und wiehert das Handy von Brigitte Probst. „Probst.“ Der Anrufer möchte wissen, zu welchen Zeiten er Karten kaufen kann. „Heute ist wieder was los“, sagt sie, als sie aufgelegt hat.

2-G-Regel streng kontrollieren

Brigitte Probst ist überzeugt: „Einen weiteren Lockdown wird es nicht geben – schließlich sind wir alle geimpft.“ Nur gegen Corona Geimpfte und davon Genesene dürfen die Vorstellungen besuchen – so der aktuelle Stand. „Das werden wir streng kontrollieren“, erklärt sie. Bereits bei den Veranstaltungen im Sommer verfährt der Circus nach der 2-G-Regel, obwohl es seinerzeit noch nicht vorgeschrieben ist. „Wir wollten keinen Corona-Ausbruch riskieren und so unseren Weihnachtscircus aufs Spiel setzen“, sagt sie. „Einen Mann aus Duisburg haben wir zurück nach Hause geschickt, damit er seinen Impfpass holt – den hatte er dort vergessen.“

Das kommende Gastspiel steht unter dem Titel „Elements“. „Artisten, Musiker und Tiere verbinden dabei die Elemente Feuer, Wasser, Luft und Erde“, berichtet Brigitte Probst. Artistik, Clownerie und Tierdressur – der Circus will alle Register ziehen. „Ganz besonders freue ich mich auf unsere Gäste aus Tansania.“ Die Gruppe Hakuna Matata zeigt Flickflacks, Schrauben und türmt sich selbst zu meterhohen Pyramiden auf.

Sonja Probst stirbt nach Operation

Brigitte Probst hofft auf einen schönen Weihnachtscircus – „und, dass alle meine Kinder sowie Enkelkinder gesund bleiben und der Circus überlebt“. Ihre älteste Tochter verliert sie in diesem Jahr: Sonja Probst, Juniorchefin des Circus‘, verstirbt im Juni in Folge einer Komplikation nach einer Operation. Sie wird 37 Jahre alt. Auch nach rund fünf Monaten kommen noch Menschen vorbei, die sie sprechen oder ihr Beileid bekunden wollen. „Wenn ich die Eintrittskarten sehe … – die Schrift darauf ist ihre. Und die beiden Hunde gehörten ebenfalls ihr.“ Sie deutet auf das Körbchen unter ihrem Schreibtisch. Kurz bevor Sonja stirbt, telefoniert Brigitte Probst noch mit ihr. „Mama, nächste Woche bin ich ja wieder Zuhause“, sagt sie ihr. „Und dann kommt sie nicht mehr … – wie wollen Sie damit umgehen?“

Der Weihnachtscircus findet vom 16. Dezember bis 9. Januar 2022 statt. Eintrittskarten kosten zwischen 15 und 40 Euro. Weitere Informationen unter www.gelsenkirchener-weihnachtscircus.de.

Fünf mal vier Karten zu gewinnen

Hallobuer.ruhr verlost fünf mal vier Eintrittskarten für den Gelsenkirchener Weihnachtscircus. Wer gewinnen möchte, schreibt einfach eine Postkarte an RW Media, Ludgeristraße 1, 45897 Gelsenkirchen, oder eine E-Mail an leserservice@rw-media.eu. Bitte Telefonnummer nicht vergessen. Stichwort: „Weihnachtscircus“. Teilnahme ab 18 Jahren. Einsendeschluss: 10. Dezember. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.

André Przybyl